Mittwoch, 30. September 2009

Pressekonferenz des Familiennetzwerkes

KATHPRESS/Soziales/Familie/Danhel

Familiennetzwerk fordert umfassende Besserstellung für Familien

utl: Netzwerk-Sprecher Danhel: Systemreform des Steuer-, Sozialversicherungs- und Arbeitsrechts notwendig - Generationengerechtigkeit muss hergestellt werden =

Wien, 30.09.2009 (KAP) Das Österreichische Familiennetzwerk fordert eine Besserstellung für Familien im Bereich des Steuer-, Sozialversicherungs- und Arbeitsrechts. Es brauche mehr
Gerechtigkeit für Familien sowie eine umfassendere Kinder- und Familienorientierung der Gesellschaft, so Netzwerk-Sprecher Prof. Günther Danhel am Mittwoch bei einem Pressegespräch in Wien.

Danhel und der Steuerberater Karl Portele präsentierten einen umfassenden Forderungskatalog. Dieser sieht u.a. eine stärkere Berücksichtigung von Kindern in der gesetzlichen Pensionsversicherung vor; etwa durch eine verbesserte Anrechnung der Kindererziehungsarbeit. Eine weitere Forderung betrifft Leistungsverbesserungen für Kinder in der Krankenversicherung. So sollten beispielsweise die Kosten für Zahnspangen von Kindern von den Krankenkassen übernommen werden.

Eine zentrale Forderung des Netzwerks betrifft ein steuerfreies Existenzminimum für alle unterhaltsberechtigten Familienmitglieder. Derzeit werde vom Steuersystem zu wenig berücksichtigt, wie viele Personen von einem Einkommen leben müssen. Danhel stellte als
Diskussionsgrundlage einen jährlichen Freibetrag von 8.000 Euro pro Familienmitglied in den Raum.

Weiters sei eine Valorisierung der Familienbeihilfe dringend nötig, forderten Danhel und Portele. Die Familienbeihilfe sei seit 1999 nicht erhöht worden und habe inzwischen 20 Prozent an Wert verloren. Weitere Forderungen des Netzwerks betreffen etwa die kostenlose Ausstellung von Dokumenten wie Reisepässe für Kinder oder die gleichen Vergünstigungen für Familien wie für Pensionisten im öffentlichen Verkehr.

Grundsätzlich müsse Familienarbeit wie die Erziehung oder Pflege von Familienangehörigen künftig positiver wahrgenommen, bewertet und finanziell abgegolten werden, so Danhel, der auch Direktor des kirchlichen "Instituts für Ehe und Familie" (IEF) ist. Er unterstrich, dass es nicht darum gehe, bestimmten Bevölkerungsgruppen etwas wegzunehmen, sondern Generationengerechtigkeit herzustellen: "Jede Generation muss zumindest so viele Lebenschancen vorfinden, wie die Generation vor ihr". Deshalb müssten auch dringend die öffentlichen Haushalte saniert werden, um künftigen Generationen Spielräume offen zu halten. Generationengerechtigkeit sei die Voraussetzung für Solidarität zwischen den Generationen, betonte Danhel. Der IEF-Direktor bemängelte, dass Familien derzeit in der politischen Landschaft nicht entsprechend vertreten seien; ganz anders als die Pensionisten. Deshalb plädiere er für eine Diskussion über ein mögliches Kinderwahlrecht, das von den Eltern
stellvertretend ausgeübt werden könne, so Danhel.

Mittwoch, 23. September 2009

Kinderbetreuungsgeldgesetz: Stellungnahme Land NÖ


Die NÖ Landesregierung hat in ihrer Sitzung vom 15. September 2009 beschlossen, zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden, wie folgt Stellung zu nehmen:


I. Zum Gesetzestext:

Die im Entwurf umgesetzten Vorhaben stellen eine Verbesserung gegenüber der derzeitigen Rechtslage dar, erhöhen die Wahlfreiheit der Familien und werden daher grundsätzlich positiv bewertet.

Das Ziel einer „Vereinfachung der Berechnung“ der Zuverdienstregelung wurde mit dem vorliegenden Entwurf allerdings nicht erreicht. Durch die einkommensabhängige Variante des Kinderbetreuungsgeldes mit einer neuen Zuverdienstgrenze, die sich an der Geringfügigkeitsgrenze der Sozialversicherung orientiert, und durch die Einführung einer individuellen Zuverdienstgrenze in der Höhe von 60% der maßgeblichen Einkünfte im letzten Kalenderjahr vor der Geburt, wurden die Regelungen noch komplexer. Selbst der Entwurf geht auf Grund der „komplexen Rechtslage“ von Mehrkosten in der Verwaltung durch eine verstärkte Beratungstätigkeit aus.

Es wird daher angeregt, die Zuverdienstgrenze zur Gänze abzuschaffen.

Der Entfall von § 6 Abs. 2 KBGG (kein Ruhen des Anspruches auf Kinderbetreuungsgeld, wenn Anspruch auf Wochengeld anlässlich der Geburt eines weiteren Kindes besteht) führt zu einer eindeutigen Verschlechterung der Situation der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Es wird im geltenden § 6 Abs. 2 keine ungerechtfertigte Leistungskumulierung, wie in den Erläuterungen angeführt, gesehen. Das Wochengeld gebührt als Ersatz des Erwerbseinkommens. Durch die geplante Änderung würden vor allem jene Elternteile, welche aufgrund der Zuverdienstgrenze während des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld im Berufsleben stehen, benachteiligt. Sie würden durch diese Änderung einen massiven finanziellen Einbruch im Familieneinkommen erleiden.

§ 6 Abs. 2 sollte daher beibehalten werden.


II. Zu den finanziellen Auswirkungen:

Der Entwurf enthält zwar Ausführungen zu den finanziellen Auswirkungen, insbesondere zu den Kosten der Verwaltung. Die Länder können aber auch noch aus folgendem Grund betroffen sein:

Die Sozialhilfe kann von der vorgeschlagenen Änderung dann berührt werden, wenn sich die Eltern für den Bezug der Kurzleistung (bis zur Vollendung des 12./14. Lebensmonates des Kindes) entscheiden und anschließend aufgrund ihres Einkommens nicht in der Lage sind, ihren eigenen Lebensunterhalt oder den ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen zu bestreiten. Damit wäre ein Anspruch auf Sozialhilfe zu prüfen. Es könnten daher – im Vergleich zur bisherigen Rechtslage – bereits zu einem früheren Zeitpunkt Leistungen der Sozialhilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes der Familie erforderlich werden.

10 Jahre Familien-Volksbegehren des Familienbundes


Am 5. Februar 1999 kündigte der Österreichische Familienbund in einer Pressekonferenz die Durchführung eines Familien-Volksbegehrens an. In kürzester Zeit (bis 5. März 1999) wurden die zur Einreichung notwendigen rund 8.000 Unterstützungserklärungen gesammelt und das Volksbegehren selber zwischen 9. und 16. September 1999 österreichweit durchgeführt.

Die Forderungen des Familie-Volksbegehrens lauteten:

Karenzgeld für alle
Das volle Karenzgeld sollen alle Mütter und Väter unabhängig von einer vorherigen Berufstätigkeit erhalten, also auch für ein weiteres Kind. Schülerinnen, Studentinnen, geringfügig Beschäftigte und freie Dienstnehmerinnen erhalten derzeit kein Karenzgeld, Bäuerinnen und Selbständige nur den halben Betrag.
Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Durch Anreize im Steuer- und Sozialversicherungsrecht soll das Angebot an Teilzeitarbeitsplätzen wesentlich vermehrt werden. Ein gemeinsamer arbeitsfreier Sonntag muss für die Mehrzahl der Familien in Österreich weiterhin gesichert sein.
Kinderbetreuungsgeld
Sobald die Mittel des Familienlastenausgleichsfonds dafür ausreichen, soll die Bezugsdauer des Karenzgeldes bis zum dritten Lebensjahr des Kindes ausgedehnt werden. Gleichzeitig ist es mit einer vollwertigen Sozialversicherung für jenen Elternteil, der die Kinderbetreuung wahrnimmt,zu koppeln.
Kinder und Jugendliche schützen
Sekten können die Gesundheit und die Zukunft unserer Jugend gefährden. Im Sinne des Konsumentenschutzes sollten Sekten in Zukunft Auskunft über ihre Ziele, Arbeitsweisen und ihre finanzielle Gebarung geben müssen. Österreich soll sich auch für eine europaweite Regelung einsetzen, mit der die Gewalt in den Medien reduziert wird.
Heimfahrtbeihilfe und Zahnspangen
Internatsschüler und Lehrlinge in den lehrgangsmäßigen Berufsschulen erhalten im Gegensatz zu allen anderen keine Schülerfreifahrt obwohl sie dem Staat viel weniger Kosten verursachen und zusätzlich die Internatskosten zu tragen haben. Sie sollen gleichgestellt werden. Für Zahnspangen sollen die vollen Kosten von den Krankenversicherungsträgern übernommen werden.

Viele Organisationen und Einzelpersonen (z.B. Familienbischof DDr. Klaus Küng, Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel, Toni Polster, Barbara Wussow, Albert Fortell, Willi Dungl, Gerhard Tötschinger, Folke Tegetthoff) unterstützen die Anliegen des Familienbundes und haben öffentlich für das Familien-Volksbegehren geworden.

Aber es gab auch Gegner, so z.B. der damalige SP-Bundeskanzler Viktor Klima, wie „Die Presse“ (8.6.1999) berichtete: Klima warnt vor dem Volksbegehren des VP-nahen Familienbundes, das knapp vor der Nationalratswahl im September aufliegen wird. Der Parteichef, einer der wenigen Männer im Saal: "Wir werden viel Kraft brauchen, um klarzumachen, daß dieses Volksbegehren eine teuflische Verführung ist, gegen die Interessen der Frauen."

Das Familien-Volksbegehren wurde schließlich von 183.154 Österreichern unterschrieben. Der Familienbund wertete dies als Achtungserfolg. Das wesentliche Ziel zu einer Thematisierung der Familienanliegen beizutragen, ist jedenfalls erreicht worden. Rückblickend betrachtet war es das erfolgreichste Volksbegehren überhaupt, denn fast alle Forderungen wurden erfüllt.

Der nächste Schritt war dann die Behandlung des Volksbegehrens im Nationalrat. Es wurde zuerst dem Familienausschuss zugewiesen und im Februar 2000 wurde ein eigener Unterausschuss eingerichtet. In einem öffentlichen Hearing bewertete etwa die Vertreterin der Arbeiterkammer ein Karenzgeld für alle als „sozial unfair und zynisch“. Die damalige SP-Familiensprecherin bewertete ein Karenzgeld für alle als ungerecht und frauenfeindlich.

Aber auch die anderen Forderungen des Familien-Volksgebehrens, etwa der Schutz vor Sekten und Medien, Einführung der heimfahrtbeihilfe oder der Kostenersatz für Zahnspangen, wurden in Sitzungen des Unterausschusses mit Expertenhearings ausführlich behandelt.

Der Bericht des Familienausschusses wurde im April 2000 mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ angenommen. Die Regierungsparteien wollen dabei alle Vorhaben des Volksbegehrens umsetzen. Die Parlamentskorrespondenz (0173/2000) berichtete: Damit scheint sich das vom Österreichischen Familienbund initiierte Familien-Volksbegehren zu einem der erfolgreichsten in der Geschichte der Volksbegehren zu entwickeln… Der Familienbund sieht die Forderungen des Volksbegehrens durch die Pläne der Koalition weitgehend umgesetzt, es werde zu einer "sensationellen Besserstellung der Familie" kommen.
Das Frauenvolksbegehren aus dem Jahr 1997 konnte dagegen mit über 600.000 Unterschriften keine einzige ihrer 12 Forderungen umsetzen.

In der weiteren parlamentarischen Behandlung wurde das Familien-Volksbegehren am 26.4.2000 im Plenum diskutiert und dann zur weiteren Umsetzung wieder an den Familienausschuss verweisen. Am 4.7.2001 ergriffen im Plenum in einer ausführlichen Debatte rund drei Dutzend Abgeordnete das Wort, der Bericht und das Kinderbetreuungsgeldgesetz als eine der Umsetzungsmaßnahmen wurden schließlich mit den Stimmen der ÖVP und FPÖ angenommen.

Forderungen umgesetzt und verwirklicht

Mit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes für alle ab 1.1.2002 wurden die Hauptforderungen des Volksbegehrens erfüllt und verwirklicht. Mit dem Kinderbetreuungsgeld wurde auch die Anrechung der Kindererziehungszeiten in der Pension verbessert, seit 2005 werden bis zu vier Jahre je Kind als vollwertige Versicherungszeiten angerechnet.

Der Forderung nach einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde mit der Einführung des Audit Beruf&Familie, des Projekts Familienkompetenzen und anderen Maßnahmen Rechnung getragen.

Der Schutz von Jugendlichen vor Sekten wurde durch die Arbeit der Bundesstelle für Sektenfragen verbessert. Dem Thema Gewalt in den Medien ist die Bundesregierung mit einem eigenen Aktionsplan entgegengetreten.

Die Heimfahrtbeihilfe wurde mit Wirksamkeit 1. September 2002 eingeführt.

Lediglich die Finanzierung der Zahnspangen ist am Widerstand der Sozialversicherungsträger gescheitert.

Im Zuge der familienfreundlichen Initiativen wurde auch die Familienbeihilfe ab 1.1.2003 für Kinder über vier Jahre erhöht.

Somit hat das Familien-Volksbegehren des Österreichischen Familienbundes mit einem Minimum an medialer Unterstützung und minimalen finanziellen Ressourcen einen maximalen Output für die Familien erreicht.

Ausblick: Familienbund ist noch nicht zufrieden

Das Erreichte macht uns stolz, doch eine Familienorganisation kann sich nie zurücklegen und mit dem Erreichten zufrieden sein. Gerade in Zeiten des „Wettbewerbes der Generationen“ müssen auch die Familien und Kinder ihren Teil der Gerechtigkeit einfordern.

Der wichtigste Grundsatz ist für uns, dass Familien die Wahlfreiheit gewährleistet werden muss. Es liegt hundertprozentig in der Verantwortung der Eltern wie sie ihr Familienleben gestalten wollen. Mütter, die sich ausschließlich der Kindererziehung widmen wollen, dürfen nicht diskriminiert und gegen außerhäuslich erwerbstätige Mütter ausgespielt werden.Familien sind künftig in Beiräten bei allen legistischen Vorhaben auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene verpflichtend mit einzubeziehen..Eine Familienverträglichkeitsprüfung (analog zur Umweltverträglichkeitsprüfung) ist zu entwickeln und festzuschreiben. So wie der Österreichische Seniorenrat, der gesetzlich eingerichtet ist und eine gesetzliche Interessenvertretung auf Sozialpartner-Ebene ist, soll auch ein Bundesfamilien-Vertretung als Weiterentwicklung des Familienpolitischen Beirates eingeführt werden.
Mittelfristig muss ein Kinderwahlrecht eingeführt werden, das bis zur Wahlreife die Eltern stellvertretend für ihre Kinder ausüben.

Als Serviceleistungen sind in ganz Österreich Familienpässe und Familienkarten einzuführen, die Familien durch Vergünstigungen das Leben erleichtern. Ebenso ist Elternbildung und Familienberatung verstärkt bekannt zu machen und anzubieten. Dazu soll der Mutter-Kind-Pass einen Gutschein für einen Elternbildungskurs enthalten.Die Akzeptanz für Kinder und Familien in einer Gesellschaft zeigt sich auch, wie mit ungeborenen Kindern und deren Müttern umgegangen wird. Bis heute gibt es weder eine Statistik noch eine Motivforschung wie viele und vor allem warum Kinder abgetrieben werden. Es muss eine Trennung von beratenden und abtreibenden Arzt endlich eingeführt werden. Ebenso ist eine Bedenkzeit zwischen Beratung und Abtreibung von mindestens drei Tagen einzuhalten, um der Mutter die Möglichkeit zu geben, eine so schwerwiegende Entscheidung ohne Druck zu überdenken. Familien sollen erst dann Steuer zahlen, wenn für jedes Familienmitglied das festzulegende Existenzminimum gesichert ist. Damit ist gewährleistet, dass besonders Familien mit mehreren Kindern erheblich weniger Steuer zahlen.Der Grundsatz muss heißen: „Je mehr Kinder desto weniger Steuern.“Erreicht eine Familie mit ihrem Einkommen nicht das Existenzminimum ist ein Ausgleich zu schaffen.
Die neuen Möglichkeiten der steuerlichen Absetzbarkeit werden vom Familienbund als langjährige Forderung ausdrücklich begrüßt.Die Familienbeihilfe ist regelmäßig zu valorisieren. Ab 2009 werden alle Pensionen jährlich mit dem Verbraucherpreisindex angepasst. Eine vergleichbare Konstruktion muss in Zukunft auch für Familienleistungen wie Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld gelten.

Die geplante Erweiterung des Kinderbetreuungsgeldes (einkommensabhängige Variante und eine neue Kurzvariante) werden als Beitrag zur Wahlfreiheit begrüßt. Der Familienbund tritt aber weiterhin dafür ein, dass die Einkommensgrenze beim Kinderbetreuungsgeld nicht sinnvoll ist und abgeschafft gehört. Bei der Finanzierung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes muss sich auch die Arbeitslosenversicherung beteiligen, wie früher beim Karenzgeld, denn diese Variante ist ein Einkommensersatz.
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Donnerstag, 10. September 2009

Kinderbetreuungsgeld: Stellungnahme des Familienbundes


10.9.2009

Betrifft: BMWFJ-524600/0001-II/3/2009


Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz u.a. geändert werden sollen


Zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz u.a. geändert werden sollen, gibt der Österreichische Familienbund folgende Stellungnahme ab:

In diesem Bundesgesetz sollen wesentliche familienpolitische Vorhaben des Regierungsprogramms der Bundesregierung zur Weiterentwicklung des Kinderbetreuungsgeldes (KBG) umgesetzt werden: „Schaffung einkommensabhängiger Faktoren aufbauend auf den derzeitigen Bezugsvarianten“ und „Flexibilisierung der Zuverdienstregelungen unter Berücksichtigung verfassungsgerichtlicher Erkenntnisse mit dem Fokus auf Vereinfachung der Berechnung sowie Schaffung zusätzlicher Optionen durch Arbeitszeitreduktion bzw. relativer Zuverdienstgrenze (gemessen am vorhergehenden Einkommen)“.
Angekündigte „Verbesserungen beim Zuschuss“ werden derzeit noch politisch verhandelt und sind im Entwurf nicht berücksichtigt.

Die im Entwurf umgesetzten Vorhaben stellen eine Verbesserung gegenüber der derzeitigen Rechtslage dar, erhöhen die Wahlfreiheit der Familien und werden daher vom Österreichischen Familienbund grundsätzlich positiv bewertet.

Das Ziel einer „Vereinfachung der Berechnung“ der Zuverdienstregelung wurde mit dem vorliegenden Entwurf nicht erreicht. Durch die einkommensabhängige Variante des KBG mit einer neuen Zuverdienstgrenze, die sich an der Geringfügigkeitsgrenze der Sozialversicherung orientiert, und die Einführung einer individuellen Zuverdienstgrenze in der Höhe von 60% der maßgeblichen Einkünfte im letzten Kalenderjahr vor der Geburt, wurden die Regelungen noch komplexer. Selbst der Entwurf geht auf Grund der „komplexen Rechtslage“ von Mehrkosten in der Verwaltung durch eine verstärkte Beratungstätigkeit aus.

Der Österreichische Familienbund regt daher, wie schon in der Stellungnahme des Familienbundes zur letzten KBGG Novelle 2007, nochmals an, die Zuverdienstgrenze gänzlich abzuschaffen.

In den Erläuterungen (Allgemeiner Teil) wird die deutlich reduzierte Zuverdienstgrenze für das einkommensabhängige KBG durch die Funktion der Leistung als „Einkommensersatz“ erklärt. Dadurch wird erstmals die ursprüngliche Zielsetzung des KBG als Anerkennung und teilweise Abgeltung der Betreuungsleistung der Eltern bzw. als teilweise Abgeltung der finanziellen Belastung der außerhäuslichen Betreuung von Kindern verlassen (vgl. Erläuterungen, Allgemeiner Teil des KBGG 2001). Aus diesem Grunde und mit Hinweis auf die Finanzierung des Karenzgeldes (bis 2002) sollte das einkommensabhängige KBG zur Gänze oder teilweise aus den Mitteln der Arbeitslosenversicherung bestritten werden.

Die vorgesehene Reduzierung der Mindestbezugsdauer von drei auf zwei Monate wird im Hinblick auf die gewünschte vermehrte Väterbeteiligung ausdrücklich begrüßt.

Ebenso wird die Erhöhung des Mehrlingszuschlages für die Bezieher der Kurzvarianten als Verbesserung (Mehrausgaben bis zu 6,8 Mio Euro) begrüßt.

Ob sich die angenommene Verteilung der Inanspruchnahme auf die nunmehr fünf möglichen Varianten bewahrheitet, muss abgewartet werden. Schon bei der Einführung der beiden Kurzvarianten 2007 hat sich die Schätzung des Ministerialentwurfes als nicht richtig erwiesen: geschätzten 30% BezieherInnen der Variante 30+6 Monate stehen in der Realität (Statistik Juli 2009) 78% gegenüber.
Trotz aller Anreize zu einer raschen Rückkehr in das Erwerbsleben entscheiden sich die BezieherInnen mehrheitlich für eine möglichst lange Betreuung der Kinder in der eigenen Familie.

Die im Entwurf vorgesehene Möglichkeit einer Verlängerung um zwei Monate des Bezuges des KBG in Härtefällen, die dadurch entstehen, dass ein Elternteil durch den Wegfall des gemeinsamen Haushaltes mit dem Kind am Bezug des KBG verhindert ist, z.B. durch Tod oder Verbüßung einer Freiheitsstrafe, wird positiv bewertet.

Nur für alleinstehende Elternteile sollen die Bestimmungen des § 5 Abs. 4b gelten: Ist ein Antrag auf Festsetzung des Unterhaltes schon gestellt, jedoch noch kein Unterhalt bzw. Unterhaltsvorschuss geleistet worden und liegt gleichzeitig das Einkommen des Elternteiles unter 1.200 Euro netto monatlich, so kann auch dieser Elternteil weitere zwei Monate das KBG beziehen. Nicht problematisiert wurden aber in diesem Zusammenhang die Bestimmungen des Familienrechtsänderungsgesetzes 2009, die durch den Wegfall der Voraussetzung einer erfolglosen Exekutionsführung eine raschere Gewährung des Unterhaltsvorschusses vorsehen. Es ist also möglich, dass die in den Erläuterungen genannte Zahl von 2.000 Fällen für diese Verlängerungsmöglichkeit zu hoch gegriffen ist, denn die Gesamtzahl der ledigen und geschiedenen KBG-BezieherInnen beträgt derzeit rund 26.300 Personen.

Insgesamt stellt sich bei dieser Diskussion die Frage, warum das KBG nicht allen BezieherInnen für 14, 18, 24 oder 36 Monate gewährt wird, da ja offensichtlich der Regelungsgrund, eine stärkere Einbeziehung der Väter, nicht erreicht wurde, da der Väteranteil derzeit bei nur rund 4,8% steht.

Die Mehrkosten für den ersatzlosen Wegfall der Zuverdienstgrenze und der verlängerten Auszahlung aller Bezugsvarianten kann durch eine gerechtere Regelung der Intergovernmentalen Transfers leicht finanziert werden. Im Jahr 2010 wird der Familienlastenausgleichsfonds eine weitere Erhöhung des Ersatzes der Kosten der Anrechung der Kinderbetreuungszeiten an die Pensionsversicherungsanstalt überweisen müssen: Der Beitrag erhöht sich von 50% der Kosten auf 75% (Mehraufwand 332,2 Mio Euro!), also insgesamt 888 Mio Euro an die PVA. Bei Einnahmen von rd. 6.500 Mio Euro ist dies ein bedeutender Verlust für den FLAF, der auch etwa dem derzeitigen Abgang entspricht.
Diese ungerechtfertigte Zahlung ist auch in dem Zusammenhang zu sehen, dass schon zweimal der FLAF empfindliche Kürzungen seiner Einnahmen hinnehmen musste (1978 und 1980). Es wurde dabei der Dienstgeberbeitrag von 6% auf 4,5% gekürzt, also ein Verlust von einem Drittel der Einnahmen, welche direkt an die Pensionsversicherungsträger umgeleitet wurden.

Der Familienbund sieht in diesen Härtefällen-Regelungen für alleinstehende Elternteile auch eine zumindest latente Benachteiligung von Ehepaaren und Lebensgemeinschaften.

Prinzipiell wird die Einführung eines einkommensabhängigen KBG begrüßt. Der Argumentation der Erläuterungen, Besonderer Teil, zu Z 17 und 18 kann jedoch nicht gefolgt werden: Durch das einkommensabhängige KBG soll jenen Eltern mit einem relativ hohen Erwerbseinkommen die Möglichkeit gegeben werden, trotz kurzzeitigem Rückzug aus dem Erwerbsleben „den bisherigen Lebensstandard aufrecht zu erhalten“. Gilt dieser Anspruch für Eltern mit mittleren oder geringen Erwerbseinkommen und Bezug der 30+6 Variante nicht?

Mit freundlichen Grüßen

Alice Pitzinger-Ryba
Bundesgeschäftsführerin

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