Mittwoch, 23. September 2009

10 Jahre Familien-Volksbegehren des Familienbundes


Am 5. Februar 1999 kündigte der Österreichische Familienbund in einer Pressekonferenz die Durchführung eines Familien-Volksbegehrens an. In kürzester Zeit (bis 5. März 1999) wurden die zur Einreichung notwendigen rund 8.000 Unterstützungserklärungen gesammelt und das Volksbegehren selber zwischen 9. und 16. September 1999 österreichweit durchgeführt.

Die Forderungen des Familie-Volksbegehrens lauteten:

Karenzgeld für alle
Das volle Karenzgeld sollen alle Mütter und Väter unabhängig von einer vorherigen Berufstätigkeit erhalten, also auch für ein weiteres Kind. Schülerinnen, Studentinnen, geringfügig Beschäftigte und freie Dienstnehmerinnen erhalten derzeit kein Karenzgeld, Bäuerinnen und Selbständige nur den halben Betrag.
Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Durch Anreize im Steuer- und Sozialversicherungsrecht soll das Angebot an Teilzeitarbeitsplätzen wesentlich vermehrt werden. Ein gemeinsamer arbeitsfreier Sonntag muss für die Mehrzahl der Familien in Österreich weiterhin gesichert sein.
Kinderbetreuungsgeld
Sobald die Mittel des Familienlastenausgleichsfonds dafür ausreichen, soll die Bezugsdauer des Karenzgeldes bis zum dritten Lebensjahr des Kindes ausgedehnt werden. Gleichzeitig ist es mit einer vollwertigen Sozialversicherung für jenen Elternteil, der die Kinderbetreuung wahrnimmt,zu koppeln.
Kinder und Jugendliche schützen
Sekten können die Gesundheit und die Zukunft unserer Jugend gefährden. Im Sinne des Konsumentenschutzes sollten Sekten in Zukunft Auskunft über ihre Ziele, Arbeitsweisen und ihre finanzielle Gebarung geben müssen. Österreich soll sich auch für eine europaweite Regelung einsetzen, mit der die Gewalt in den Medien reduziert wird.
Heimfahrtbeihilfe und Zahnspangen
Internatsschüler und Lehrlinge in den lehrgangsmäßigen Berufsschulen erhalten im Gegensatz zu allen anderen keine Schülerfreifahrt obwohl sie dem Staat viel weniger Kosten verursachen und zusätzlich die Internatskosten zu tragen haben. Sie sollen gleichgestellt werden. Für Zahnspangen sollen die vollen Kosten von den Krankenversicherungsträgern übernommen werden.

Viele Organisationen und Einzelpersonen (z.B. Familienbischof DDr. Klaus Küng, Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel, Toni Polster, Barbara Wussow, Albert Fortell, Willi Dungl, Gerhard Tötschinger, Folke Tegetthoff) unterstützen die Anliegen des Familienbundes und haben öffentlich für das Familien-Volksbegehren geworden.

Aber es gab auch Gegner, so z.B. der damalige SP-Bundeskanzler Viktor Klima, wie „Die Presse“ (8.6.1999) berichtete: Klima warnt vor dem Volksbegehren des VP-nahen Familienbundes, das knapp vor der Nationalratswahl im September aufliegen wird. Der Parteichef, einer der wenigen Männer im Saal: "Wir werden viel Kraft brauchen, um klarzumachen, daß dieses Volksbegehren eine teuflische Verführung ist, gegen die Interessen der Frauen."

Das Familien-Volksbegehren wurde schließlich von 183.154 Österreichern unterschrieben. Der Familienbund wertete dies als Achtungserfolg. Das wesentliche Ziel zu einer Thematisierung der Familienanliegen beizutragen, ist jedenfalls erreicht worden. Rückblickend betrachtet war es das erfolgreichste Volksbegehren überhaupt, denn fast alle Forderungen wurden erfüllt.

Der nächste Schritt war dann die Behandlung des Volksbegehrens im Nationalrat. Es wurde zuerst dem Familienausschuss zugewiesen und im Februar 2000 wurde ein eigener Unterausschuss eingerichtet. In einem öffentlichen Hearing bewertete etwa die Vertreterin der Arbeiterkammer ein Karenzgeld für alle als „sozial unfair und zynisch“. Die damalige SP-Familiensprecherin bewertete ein Karenzgeld für alle als ungerecht und frauenfeindlich.

Aber auch die anderen Forderungen des Familien-Volksgebehrens, etwa der Schutz vor Sekten und Medien, Einführung der heimfahrtbeihilfe oder der Kostenersatz für Zahnspangen, wurden in Sitzungen des Unterausschusses mit Expertenhearings ausführlich behandelt.

Der Bericht des Familienausschusses wurde im April 2000 mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ angenommen. Die Regierungsparteien wollen dabei alle Vorhaben des Volksbegehrens umsetzen. Die Parlamentskorrespondenz (0173/2000) berichtete: Damit scheint sich das vom Österreichischen Familienbund initiierte Familien-Volksbegehren zu einem der erfolgreichsten in der Geschichte der Volksbegehren zu entwickeln… Der Familienbund sieht die Forderungen des Volksbegehrens durch die Pläne der Koalition weitgehend umgesetzt, es werde zu einer "sensationellen Besserstellung der Familie" kommen.
Das Frauenvolksbegehren aus dem Jahr 1997 konnte dagegen mit über 600.000 Unterschriften keine einzige ihrer 12 Forderungen umsetzen.

In der weiteren parlamentarischen Behandlung wurde das Familien-Volksbegehren am 26.4.2000 im Plenum diskutiert und dann zur weiteren Umsetzung wieder an den Familienausschuss verweisen. Am 4.7.2001 ergriffen im Plenum in einer ausführlichen Debatte rund drei Dutzend Abgeordnete das Wort, der Bericht und das Kinderbetreuungsgeldgesetz als eine der Umsetzungsmaßnahmen wurden schließlich mit den Stimmen der ÖVP und FPÖ angenommen.

Forderungen umgesetzt und verwirklicht

Mit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes für alle ab 1.1.2002 wurden die Hauptforderungen des Volksbegehrens erfüllt und verwirklicht. Mit dem Kinderbetreuungsgeld wurde auch die Anrechung der Kindererziehungszeiten in der Pension verbessert, seit 2005 werden bis zu vier Jahre je Kind als vollwertige Versicherungszeiten angerechnet.

Der Forderung nach einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde mit der Einführung des Audit Beruf&Familie, des Projekts Familienkompetenzen und anderen Maßnahmen Rechnung getragen.

Der Schutz von Jugendlichen vor Sekten wurde durch die Arbeit der Bundesstelle für Sektenfragen verbessert. Dem Thema Gewalt in den Medien ist die Bundesregierung mit einem eigenen Aktionsplan entgegengetreten.

Die Heimfahrtbeihilfe wurde mit Wirksamkeit 1. September 2002 eingeführt.

Lediglich die Finanzierung der Zahnspangen ist am Widerstand der Sozialversicherungsträger gescheitert.

Im Zuge der familienfreundlichen Initiativen wurde auch die Familienbeihilfe ab 1.1.2003 für Kinder über vier Jahre erhöht.

Somit hat das Familien-Volksbegehren des Österreichischen Familienbundes mit einem Minimum an medialer Unterstützung und minimalen finanziellen Ressourcen einen maximalen Output für die Familien erreicht.

Ausblick: Familienbund ist noch nicht zufrieden

Das Erreichte macht uns stolz, doch eine Familienorganisation kann sich nie zurücklegen und mit dem Erreichten zufrieden sein. Gerade in Zeiten des „Wettbewerbes der Generationen“ müssen auch die Familien und Kinder ihren Teil der Gerechtigkeit einfordern.

Der wichtigste Grundsatz ist für uns, dass Familien die Wahlfreiheit gewährleistet werden muss. Es liegt hundertprozentig in der Verantwortung der Eltern wie sie ihr Familienleben gestalten wollen. Mütter, die sich ausschließlich der Kindererziehung widmen wollen, dürfen nicht diskriminiert und gegen außerhäuslich erwerbstätige Mütter ausgespielt werden.Familien sind künftig in Beiräten bei allen legistischen Vorhaben auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene verpflichtend mit einzubeziehen..Eine Familienverträglichkeitsprüfung (analog zur Umweltverträglichkeitsprüfung) ist zu entwickeln und festzuschreiben. So wie der Österreichische Seniorenrat, der gesetzlich eingerichtet ist und eine gesetzliche Interessenvertretung auf Sozialpartner-Ebene ist, soll auch ein Bundesfamilien-Vertretung als Weiterentwicklung des Familienpolitischen Beirates eingeführt werden.
Mittelfristig muss ein Kinderwahlrecht eingeführt werden, das bis zur Wahlreife die Eltern stellvertretend für ihre Kinder ausüben.

Als Serviceleistungen sind in ganz Österreich Familienpässe und Familienkarten einzuführen, die Familien durch Vergünstigungen das Leben erleichtern. Ebenso ist Elternbildung und Familienberatung verstärkt bekannt zu machen und anzubieten. Dazu soll der Mutter-Kind-Pass einen Gutschein für einen Elternbildungskurs enthalten.Die Akzeptanz für Kinder und Familien in einer Gesellschaft zeigt sich auch, wie mit ungeborenen Kindern und deren Müttern umgegangen wird. Bis heute gibt es weder eine Statistik noch eine Motivforschung wie viele und vor allem warum Kinder abgetrieben werden. Es muss eine Trennung von beratenden und abtreibenden Arzt endlich eingeführt werden. Ebenso ist eine Bedenkzeit zwischen Beratung und Abtreibung von mindestens drei Tagen einzuhalten, um der Mutter die Möglichkeit zu geben, eine so schwerwiegende Entscheidung ohne Druck zu überdenken. Familien sollen erst dann Steuer zahlen, wenn für jedes Familienmitglied das festzulegende Existenzminimum gesichert ist. Damit ist gewährleistet, dass besonders Familien mit mehreren Kindern erheblich weniger Steuer zahlen.Der Grundsatz muss heißen: „Je mehr Kinder desto weniger Steuern.“Erreicht eine Familie mit ihrem Einkommen nicht das Existenzminimum ist ein Ausgleich zu schaffen.
Die neuen Möglichkeiten der steuerlichen Absetzbarkeit werden vom Familienbund als langjährige Forderung ausdrücklich begrüßt.Die Familienbeihilfe ist regelmäßig zu valorisieren. Ab 2009 werden alle Pensionen jährlich mit dem Verbraucherpreisindex angepasst. Eine vergleichbare Konstruktion muss in Zukunft auch für Familienleistungen wie Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld gelten.

Die geplante Erweiterung des Kinderbetreuungsgeldes (einkommensabhängige Variante und eine neue Kurzvariante) werden als Beitrag zur Wahlfreiheit begrüßt. Der Familienbund tritt aber weiterhin dafür ein, dass die Einkommensgrenze beim Kinderbetreuungsgeld nicht sinnvoll ist und abgeschafft gehört. Bei der Finanzierung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes muss sich auch die Arbeitslosenversicherung beteiligen, wie früher beim Karenzgeld, denn diese Variante ist ein Einkommensersatz.
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