Donnerstag, 10. September 2009

Kinderbetreuungsgeld: Stellungnahme des Familienbundes


10.9.2009

Betrifft: BMWFJ-524600/0001-II/3/2009


Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz u.a. geändert werden sollen


Zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz u.a. geändert werden sollen, gibt der Österreichische Familienbund folgende Stellungnahme ab:

In diesem Bundesgesetz sollen wesentliche familienpolitische Vorhaben des Regierungsprogramms der Bundesregierung zur Weiterentwicklung des Kinderbetreuungsgeldes (KBG) umgesetzt werden: „Schaffung einkommensabhängiger Faktoren aufbauend auf den derzeitigen Bezugsvarianten“ und „Flexibilisierung der Zuverdienstregelungen unter Berücksichtigung verfassungsgerichtlicher Erkenntnisse mit dem Fokus auf Vereinfachung der Berechnung sowie Schaffung zusätzlicher Optionen durch Arbeitszeitreduktion bzw. relativer Zuverdienstgrenze (gemessen am vorhergehenden Einkommen)“.
Angekündigte „Verbesserungen beim Zuschuss“ werden derzeit noch politisch verhandelt und sind im Entwurf nicht berücksichtigt.

Die im Entwurf umgesetzten Vorhaben stellen eine Verbesserung gegenüber der derzeitigen Rechtslage dar, erhöhen die Wahlfreiheit der Familien und werden daher vom Österreichischen Familienbund grundsätzlich positiv bewertet.

Das Ziel einer „Vereinfachung der Berechnung“ der Zuverdienstregelung wurde mit dem vorliegenden Entwurf nicht erreicht. Durch die einkommensabhängige Variante des KBG mit einer neuen Zuverdienstgrenze, die sich an der Geringfügigkeitsgrenze der Sozialversicherung orientiert, und die Einführung einer individuellen Zuverdienstgrenze in der Höhe von 60% der maßgeblichen Einkünfte im letzten Kalenderjahr vor der Geburt, wurden die Regelungen noch komplexer. Selbst der Entwurf geht auf Grund der „komplexen Rechtslage“ von Mehrkosten in der Verwaltung durch eine verstärkte Beratungstätigkeit aus.

Der Österreichische Familienbund regt daher, wie schon in der Stellungnahme des Familienbundes zur letzten KBGG Novelle 2007, nochmals an, die Zuverdienstgrenze gänzlich abzuschaffen.

In den Erläuterungen (Allgemeiner Teil) wird die deutlich reduzierte Zuverdienstgrenze für das einkommensabhängige KBG durch die Funktion der Leistung als „Einkommensersatz“ erklärt. Dadurch wird erstmals die ursprüngliche Zielsetzung des KBG als Anerkennung und teilweise Abgeltung der Betreuungsleistung der Eltern bzw. als teilweise Abgeltung der finanziellen Belastung der außerhäuslichen Betreuung von Kindern verlassen (vgl. Erläuterungen, Allgemeiner Teil des KBGG 2001). Aus diesem Grunde und mit Hinweis auf die Finanzierung des Karenzgeldes (bis 2002) sollte das einkommensabhängige KBG zur Gänze oder teilweise aus den Mitteln der Arbeitslosenversicherung bestritten werden.

Die vorgesehene Reduzierung der Mindestbezugsdauer von drei auf zwei Monate wird im Hinblick auf die gewünschte vermehrte Väterbeteiligung ausdrücklich begrüßt.

Ebenso wird die Erhöhung des Mehrlingszuschlages für die Bezieher der Kurzvarianten als Verbesserung (Mehrausgaben bis zu 6,8 Mio Euro) begrüßt.

Ob sich die angenommene Verteilung der Inanspruchnahme auf die nunmehr fünf möglichen Varianten bewahrheitet, muss abgewartet werden. Schon bei der Einführung der beiden Kurzvarianten 2007 hat sich die Schätzung des Ministerialentwurfes als nicht richtig erwiesen: geschätzten 30% BezieherInnen der Variante 30+6 Monate stehen in der Realität (Statistik Juli 2009) 78% gegenüber.
Trotz aller Anreize zu einer raschen Rückkehr in das Erwerbsleben entscheiden sich die BezieherInnen mehrheitlich für eine möglichst lange Betreuung der Kinder in der eigenen Familie.

Die im Entwurf vorgesehene Möglichkeit einer Verlängerung um zwei Monate des Bezuges des KBG in Härtefällen, die dadurch entstehen, dass ein Elternteil durch den Wegfall des gemeinsamen Haushaltes mit dem Kind am Bezug des KBG verhindert ist, z.B. durch Tod oder Verbüßung einer Freiheitsstrafe, wird positiv bewertet.

Nur für alleinstehende Elternteile sollen die Bestimmungen des § 5 Abs. 4b gelten: Ist ein Antrag auf Festsetzung des Unterhaltes schon gestellt, jedoch noch kein Unterhalt bzw. Unterhaltsvorschuss geleistet worden und liegt gleichzeitig das Einkommen des Elternteiles unter 1.200 Euro netto monatlich, so kann auch dieser Elternteil weitere zwei Monate das KBG beziehen. Nicht problematisiert wurden aber in diesem Zusammenhang die Bestimmungen des Familienrechtsänderungsgesetzes 2009, die durch den Wegfall der Voraussetzung einer erfolglosen Exekutionsführung eine raschere Gewährung des Unterhaltsvorschusses vorsehen. Es ist also möglich, dass die in den Erläuterungen genannte Zahl von 2.000 Fällen für diese Verlängerungsmöglichkeit zu hoch gegriffen ist, denn die Gesamtzahl der ledigen und geschiedenen KBG-BezieherInnen beträgt derzeit rund 26.300 Personen.

Insgesamt stellt sich bei dieser Diskussion die Frage, warum das KBG nicht allen BezieherInnen für 14, 18, 24 oder 36 Monate gewährt wird, da ja offensichtlich der Regelungsgrund, eine stärkere Einbeziehung der Väter, nicht erreicht wurde, da der Väteranteil derzeit bei nur rund 4,8% steht.

Die Mehrkosten für den ersatzlosen Wegfall der Zuverdienstgrenze und der verlängerten Auszahlung aller Bezugsvarianten kann durch eine gerechtere Regelung der Intergovernmentalen Transfers leicht finanziert werden. Im Jahr 2010 wird der Familienlastenausgleichsfonds eine weitere Erhöhung des Ersatzes der Kosten der Anrechung der Kinderbetreuungszeiten an die Pensionsversicherungsanstalt überweisen müssen: Der Beitrag erhöht sich von 50% der Kosten auf 75% (Mehraufwand 332,2 Mio Euro!), also insgesamt 888 Mio Euro an die PVA. Bei Einnahmen von rd. 6.500 Mio Euro ist dies ein bedeutender Verlust für den FLAF, der auch etwa dem derzeitigen Abgang entspricht.
Diese ungerechtfertigte Zahlung ist auch in dem Zusammenhang zu sehen, dass schon zweimal der FLAF empfindliche Kürzungen seiner Einnahmen hinnehmen musste (1978 und 1980). Es wurde dabei der Dienstgeberbeitrag von 6% auf 4,5% gekürzt, also ein Verlust von einem Drittel der Einnahmen, welche direkt an die Pensionsversicherungsträger umgeleitet wurden.

Der Familienbund sieht in diesen Härtefällen-Regelungen für alleinstehende Elternteile auch eine zumindest latente Benachteiligung von Ehepaaren und Lebensgemeinschaften.

Prinzipiell wird die Einführung eines einkommensabhängigen KBG begrüßt. Der Argumentation der Erläuterungen, Besonderer Teil, zu Z 17 und 18 kann jedoch nicht gefolgt werden: Durch das einkommensabhängige KBG soll jenen Eltern mit einem relativ hohen Erwerbseinkommen die Möglichkeit gegeben werden, trotz kurzzeitigem Rückzug aus dem Erwerbsleben „den bisherigen Lebensstandard aufrecht zu erhalten“. Gilt dieser Anspruch für Eltern mit mittleren oder geringen Erwerbseinkommen und Bezug der 30+6 Variante nicht?

Mit freundlichen Grüßen

Alice Pitzinger-Ryba
Bundesgeschäftsführerin

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1 Kommentar:

  1. Die Änderungen scheinen mir hauptsächlich in eine Richtung zu zielen:

    Je weniger sich die Eltern um ihre Kinder kümmern, desto mehr Geld zahlt der Staat dafür.

    Auffällig:
    ##########
    Das Wohl des Kindes kommt kaum vor.
    Es wird im besten Fall behauptet, Kollektivbetreuung schade dem Kind nicht.

    Ich finde die Regelungen äußerst kompliziert und unübersichtlich, außerdem (s.o.) nicht auf das bestmögliche Wohl des Kindes ausgerichtet.
    Im Gegenteil!

    Es gibt wohl mindestens ein Dutzend gute Gründe für ein Elterngehalt - gleich hoch für jedes Kind!

    Und steuerlich sollten Kinder mittels Familiensplitting berücksichtigt werden.

    Details zu meiner Meinung siehe hier:
    www.wolfmayr.org

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